Codein: Kontraindiziert bei Kindern

Codein: Kontraindiziert bei Kindern

Kindern unter 12 Jahren darf künftig kein Codein mehr verordnet werden. Hintergrund sind Beratungen und Entscheidungen des Pharmakovigilanz-Ausschusses (PRAC) und der Koordinierungsgruppe für dezentrale Verfahren und Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (CMDh) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA. Die beschlossenen Maßnahmen müssen nun noch national umgesetzt werden.

Bereits im April 2014 hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf europäischer Ebene ein Risikobewertungsverfahren für codeinhaltige Arzneimittel zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen angestoßen. Ziel war dabei die Neubewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Codein zur Behandlung von Husten bei Kindern, nachdem bereits 2013 eine Reihe von Maßnahmen zur Risikominimierung bei Anwendung codeinhaltiger Arzneimittel in der Schmerzbehandlung bei Kindern durchgeführt wurden.

Manche Patienten, die zu den sog. ultraschnellen Metaboliserern gehören, verstoffwechseln Codein schneller zu Morphin. Dies hängt an der Aktivität des Enzyms CYP2D6, einem bestimmte Isoenzym des menschlichen Cytochrom P450-Systems. Folge davon können höhere Morphinspiegel sein, die wiederum zu Symptomen einer Opioidvergiftung führen können. Diese können sich in Verwirrtheit, Schläfrigkeit (Somnolenz), flacher Atmung, Verengung der Pupillen, Übelkeit, Verstopfung und Appetitlosigkeit bis hin zu Kreislauf- und Atemdepression äußern und lebensbedrohlich werden.

Bereits im Jahre 2013 waren Hinweise auf gefährliche Nebenwirkungen einer Codeingabe im Rahmen der Schmerztherapie bei Kindern bekannt geworden. Es gab mehrere tödliche oder lebensbedrohliche Fälle von Atemdepression. Deshalb hatte man sich schon zuvor der Thematik Codein bei Kindern angenommen.

Zur Risikominimierung werden nun zwei Dinge verbindlich festgelegt und sind entsprechend national umzusetzen

  1. Codein ist bei der Anwendung für Kinder unter 12 Jahren kontraindiziert und darf deshalb bei dieser Patientengruppe nicht angewendet werden und
  2. die Anwendung codeinhaltiger Arzneimittel zur Behandlung von Husten bei Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren mit ausgeprägten Atemwegsbeeinträchtigungen wird nicht empfohlen.

Außerdem bestätigt der  CMDh auch, dass Husten im Regelfall eine selbstlimitierende Störung ist und die Evidenz zum Nachweis der Wirksamkeit von Codein bei der Behandlung von Kindern mit Husten begrenzt ist.

Gemäß internationaler Leitlinien kann Husten als Folge viraler Infektionen auch zufriedenstellend mit ausreichender Trinkmenge und Befeuchtung der Atemluft behandelt werden, bei chronischem Husten sollte die zugrundeliegende Krankheit behandelt werden.

Darüber hinaus fordert der CMDh die Zulassungsinhaber und nationalen Behörden zur fachlichen Einschätzung auf, ob dem Risiko von Medikationsfehlern/Fehlanwendungen (z.B. durch Überdosierungen) ergänzend begegnet werden kann, indem alle flüssigen Darreichungsformen codeinhaltiger Arzneimittel nur in kindergesicherten Verpackungen abgegeben werden sollen.

Da auch Erwachsene mit dieser ultraschnellen Metabolisierung betroffen sein können und auch dort die beschriebenen Symptome auftreten können, sollten die betroffenen Patienten von einer Codein-Einnahme absehen. Auch stillende Mütter sollten zum Schutz des Säuglings kein Codein anwenden. Im Einzelnen sollen folgende textliche Ergänzungen aufgenommen werden:

Für Patienten

  • Codein zur Behandlung des Hustens darf bei Kindern unter 12 Jahren wegen des Risikos schwerwiegender Nebenwirkungen (z.B. Atemprobleme) nicht mehr angewendet werden.
  • Für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren mit Atemwegsbeeinträchtigungen wird Codein wegen der erhöhten Anfälligkeit für Atemstörungen nicht mehr empfohlen.
  • Patienten jeglichen Alters, die Codein sehr schnell verstoffwechseln, dürfen Codein wegen des Risikos schwerwiegender Nebenwirkungen (z.B. Atemprobleme) nicht mehr anwenden.
  • Stillende Mütter dürfen Codein wegen des Risikos für den Säugling nicht mehr anwenden.
  • Eltern und Pflegepersonal, die eines der folgenden Symptome bei Patienten beobachten, die Codein anwenden, sollten die Medizin absetzen und unverzüglich ärztlichen Rat einholen: Verlangsamte oder flache Atmung; Verwirrung, Müdigkeit, enge Pupillen, Übelkeit, Verstopfung oder Appetitverlust.
  • Bei Fragen zur Behandlung oder Nebenwirkungen von Codein sollten Patienten den Rat von Arzt oder Apotheker einholen.

Für Fachkreise

  • Codein ist für die Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren kontraindiziert und wird zur Behandlung von Husten bei Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren mit ausgeprägten Atemwegsbeeinträchtigungen nicht empfohlen.
  • Codein darf während der Stillzeit nicht angewendet werden und Codein ist bei Patienten kontraindiziert, von denen bekannt ist, dass sie ultraschnelle CYP2D6-Metabolisierer sind.

Quelle:
Codein: Anwendungsbeschränkungen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Husten; Empfehlung des europäischen Ausschusses für Risikobewertung (PRAC) bestätigt;
Pressemitteilung des BfArM vom 24.04.2015

 

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